Das Lied von der Glocke

Vivos voco. Mortuos plango. Fulgura frango.
Die Lebenden ruf‘ ich. Die Toten beklag‘ ich.

Die Blitze brech‘ ich.

Das Konzert fand als Teil der Sinfoniekonzertreihe des Kulturamts der Stadt Paderborn mit der Nordwestdeutschen Philharmonie am 15. Mai 2019 und 19:30 Uhr in der Paderhalle statt. Diesmal standen zwei berühmte Klassiker auf dem Programm: Mozarts Kleine Nachtmusik und Schillers Lied von der Glocke. Beide Stücke scheint jeder zu kennen, aber wann hat man Mozarts Serenade schon mal live und in voller Länge gehört? Und erst recht Das Lied von der Glocke. Viele Menschen verwenden daraus geflügelte Worte, aber wer kennt schon das ganze Werk? Dabei war Die Glocke gesellschaftlich so wirkungsvoll wie kaum ein anderes Gedicht. Wir singen es in einer 1808 entstandenen Vertonung von Andreas Romberg. Sie klingt nach Mozart und Haydn; man hört der Musik an, dass Romberg Werke wie Die Zauberflöte, Die Schöpfung oder Die Jahreszeiten bestens kannte und sich daran orientierte.

Die Glocke kommt hier sehr frisch und unbelastet vom Interpretationsballast späterer Zeiten daher. Den nationalen Kultstatus verlor das Gedicht in der Ära der Studentenrevolte, es reizt aber nach wie vor zur Auseinandersetzung. Ebenso frisch und unverbraucht ist das junge Solisten-Ensemble, das unser Konzert bereicherte:
Myungjin Lee (Sopran), Julia Maria Spiess (Mezzosopran), Stephan Boving (Tenor), Insu Hwang (Bariton) und Bartolomeo Stasch (Bass)

Das Lied von der Glocke, 1799 veröffentlicht, ist tatsächlich eines der bekanntesten und am meisten zitierten Gedichte der deutschen Literatur. Schiller verbindet in ihm fundiertes Wissen des Glockengießerhandwerks mit einer Betrachtung der unterschiedlichen Perioden menschlichen Lebens. Er geht dabei auch auf die dramatischen Gewaltausbrüche im Zeitalter der französischen Revolution ein.

Andreas Romberg wirkte in Hamburg, als er das Gedicht für Chor, Orchester und Solisten vertonte. Die kompositorische Umsetzung greift den geistigen und politischen Gehalt der Poesie auf faszinierende Weise auf. Romberg stand für seine Zeitgenossen auf einer Stufe mit aus heutiger Sicht berühmteren Komponisten. Das unterstreicht die folgende Rezension zu seiner 2. Sinfonie, die auch die Vokalmusik Rombergs auszeichnet:
Sinfonieen von dem großen Charakter, von der kunstreichen Anlage und Ausführung, von dem Reichthum an origineller romantischer Dichtung, und von der schönen Zusammenstimmung aller ihrer Theile zu einem interessanten, Geist und Herz erhebenden Ganzen, wie die von Haydn, Mozart, Beethoven, Romberg, Eberl, sind ohne Zweifel die ersten Zierden unserer Konzerte.

Das Programmheft mit einer ausführlichen Konzerteinführung von Lars Wolfram finden Sie hier: Konzerteinführung

Hier die Kritiken zu diesem Konzert aus der lokalen Presse: Kritiken