Aus unserer Geschichte

Der Städtische Musikverein wurde im Jahre 1824 gegründet. Die Quellenlage aus dieser Zeit ist leider dünn!

Uns liegt eine Festschrift vor zur zum hundertsten Jubiläum des Städtischen Musikvereins 1924. Die Festschrift wurde 1928 in der Junfermann’schen Buchdruckerei Paderborn gedruckt und trägt den Titel: „100 Jahre Musikverein Paderborn“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Der damalige (1924) 1. Vorsitzende des Musikvereins Paderborn (damals noch nicht „Städtischer Musikverein Paderborn) war Hans Peters, Studienrat am Theodorianum.

Übrigens: Bei dem im linken Bild abgebildete „Hatzfeld“ handelt es sich um Johannes Hatzfeld, der sich um die Erneuerung der Kirchenmusik verdient gemacht hat. Das heutige „Haus der Dommusik“ ist nach ihm benannt („Johannes-Hatzfeld-Haus“).

In dieser Festschrift schildert Hans Peters anhand der Festschrift zum 60-jährigen Bestehen des Paderborner Musikvereins einen „Einblick in das Musikleben der Stadt vor 100 Jahren“ – also 1824. Er schreibt:
„… so müssen wir staunen über das, was damals in einer Stadt von 6000 Einwohnern unter Verhältnissen geleistet wurde, die selbst an unserer Nachkriegszeit gemessen, ärmlich waren. Wir staunen über die Zahl der Konzerte, die in den ersten Jahren regelmäßig 13 bis 15 betrug, in einem Jahre mit Einschluß der Benefiz- und Wohltätigkeitskonzerte sogar 18. Wir staunen über die Höhe der Beiträge, die an den damaligen Preisen aller Lebensbedürfnisse gemessen, das Mehrfache der heutigen bedeuten. Noch mehr setzt uns in Erstaunen, daß das Orchester zu einem wesentlichen Teile sich aus Dilettanten, Mitgliedern des Vereins, zusammensetzte. Es herrschte damals eine Musizierfreudigkeit, wie sie unter den Ländern deutscher Zunge nur noch in Österreich besteht. Wir Norddeutschen erkennen mit Bedauern, wie hoch unsere Voreltern an Idealismus über uns standen. Damals erlernte fast jeder ein Instrument, und nicht nur Klavier oder allenfalls Violine, sondern alle Streich- und Blasinstrumente wurden gespielt. So erklärt sich auch die auffallende Erscheinung, daß auf den Programen der ersten Jahre Sinfonien, Ouverturen und sonstige Instrumentalwerke einen breiteren Raum einnahmen als die Vokalmusik …“

Damals hatte der Musikverein also nicht nur einen Chor, sondern auch ein Orchester! Übrigens war die Bedeutung des Wortes „Dilettant“ damals eine völlig andere als heute! Ein „Dilettant“ war ein interessierter, ambitionierter Laie, ein sachverständiger Amateur – allerdings kein Berufsmusiker.

Wie kam es zur Gründung des Musikvereins? Peters schreibt weiter:
„Die zufällige Anwesenheit eines Musikdirektors Marpurg im Jahre 1824 in Paderborn, der eine Opern-Gesellschaft dirigierte, wurde Veranlassung, der Frage der Gründung eines Musikvereins näherzutreten, die schon länger vorher geplant war. Marpurg fand sich zur Übernahme des Postens des Musikdirektors des zu gründenden Vereins bereit, falls ihm für zwei Jahre ein festes Einkommen garantiert würde. Ein Rundschreiben vom 28. März 1824 forderte zur Zeichnung eines Garantiefonds auf. Die Liste erzielte in wenigen Tagen 90 Unterschriften von Zivilbeamten, besonders Juristen, Offizieren, Geistlichen und Bürgern der Stadt mit 401 Talern jährlicher Beiträge. Bereits eine Woche später, am 8. April, war die erste öffentliche Generalversammlung, der ein Satzungsentwurf vorgelegt werden konnte. Mit welcher Tatkraft die Gründer des Vereins arbeiteten, geht schon daraus hervor, daß der Vorstand anfänglich zweimal wöchentlich zusammentrat.“

Wir gestehen freimütig ein, dass wir diese Tatkraft heute nicht mehr aufbringen können!

Unsere Musikdirektoren und Dirigenten seit 1824:

Wilhelm  Marpurg  1824  bis 1828
Heinrich  Schmidt  1829  bis 1832
Otto  Gerke  1832  bis 1837
Franz  Biermann  1837  bis 1855
Arnold  Spanke  1855  bis 1874
Paul-Emil  Wagner  1874  bis 1896
Max  Puchat  1896  bis 1904
Heinrich  Schöne  1904  bis 1905
Caspar  Dietz  1905  bis 1913
Arthur  Bartsch  1913  bis 1917
 1917  bis 1919
Bernhard  Kieslich  1919  bis 1922
Franz  Viefhues  1922  bis 1926

Franz Viefhues im Alter von 95 Jahren (+ 15.3.1974)

Franz Viefhues im Alter von 95 Jahren (+ 15.3.1974)

Otto  Siegl  1926  bis 1931
Heinz Eccarius  1931  bis 1945 Foto: Privat
 1945  bis 1949
Rolf Agop  1949  bis 1965 Foto: Privat 1950 bis 1952
erster Chefdirigent der
Nordwestdeutschen Philharmonie,
Herford – NWD
Werner-Andreas Albert  1965  bis 1972 Foto: Privat 1963 bis 1969
erster Kapellmeister der NWD1969 bis 1971
Chefdirigent der NWD
Erich Bergel  1972  bis 1975 Foto: Privat 1971 bis 1974
Chefdirigent der NWD
Horst Petruschke  1975  bis 1988
Matthias Hellmons  1989  bis 2015

Matthias Hellmons

Matthias Hellmons

Marbod Kaiser 2015

Marbod Kaiser

Marbod Kaiser

Opernchordirektor
Landestheater Detmold
Mit Obrigkeitlicher Bewilligung

„Mit Obrigkeitlicher Bewilligung“

Das bisher älteste Programm stammt vom „26. Decemb. 1832“. Es bewirbt

„ein großes Vocal= und Instrumental= Concert im Saale des Rathhauses“.

Die Eintrittskarten für das „Concert“ und den anschließenden Ball kosteten damal 10 Groschen.

(Wir bedanken uns beim Altertumsverein Paderborn für die Überlassung der Kopie)

 

 

 

 

 

 

Um die Jahrhundertwende 1900 probte der Musikverein (damals noch nicht „Städtischer“ Musikverein) im Vereinshaus des „Bürgervereins“ Paderborn, wo auch Tanzveranstaltungen stattfanden.
Copyright: Städtischer Musikverein Paderborn

 

 

 

 


Aus der damaligen Zeit haben wir zwei Konzertprogramme gefunden, die wir nicht vorenthalten möchten!

Copyright: Städtischer Musikverein Paderborn Copyright: Städtischer Musikverein Paderborn

In der Festschrift zum 100. Jubiläum endet die Liste bei Otto Siegl, einem der „großen“ Dirigenten, Komponisten und Hochschulprofessor in Wien: Er übernahm das Amt 1926 – zwei Jahre nach dem 100. Jubiläum.

Weitere Informationen zu Otto Siegl findet man auch auf der Seite des Stifts-Chores Bonn.

Unter Otto Siegls Leitung (bis 1931) sind viele große Konzerte aufgeführt worden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Wir sehen hier den Chor des Musikvereins der damaligen Zeit:

 

 

 

 

 


 

Otto Siegl hatte auch einen Madrigal-Chor zur Verfügung!

 

 

 

 

 

 


Aber auch das Orchester der damaligen Zeit hat sich ablichten lassen:

 

 

 

 

 

 

 

Im November 1926 hat Otto Siegl mit dem Chor das Mendelssohn-Oratorium „Elias“ aufgeführt. Es war ein großer Erfolg!

 

 

 

 

 

 

 


Otto Siegel hat zeitgenössische Komponisten aufgeführt! Hans Peters schreibt dazu:
„Als den Höhepunkt unseres Musiklebens betrachten wir, daß Herr Professor Joseph Haas von der Akademie der Tonkunst in München, der als der Bedeutendste unter den lebenden Komponisten Deutschlands gilt, unsere Paderstadt durch sein Erscheinen ehrte. Am 11. 1. dieses Jahres (gemeint ist das Jahr 1928 – W.V.) in unserem ‚Joseph-Haas-Abend‘ begleitete der Komponist seine ‚Gesänge an Gott‘ und die ‚Christus-Lieder‘. – Nur eine Tatsache ähnlicher Bedeutung aus der Frühzeit des Musikvereins können wir diesem Ereignis an die Seite stellen, das Erscheinen Ludwig Spohrs im Jahre 1836 zum 1000jährigen Liborijubiläum …“ In den Annalen ist das Liborioratorium verzeichnet, „das zur Verherrlichung des 1000jährigen Libori-Jubiläums am 25. Juli 1836 in der Jesuitenkirche (heute auch ‚Marktkirche‘ genannt, W.V.) zur Aufführung kam. Es war das große Werk ‚Des Heilands letzte Stunden‘ von Spohr, der das Konzert mit seiner persönlichen Gegenwart beehrte. Das Orchester war durch die Mitglieder der Musikkapellen in Kassel und Detmold wie durch eine größere Zahl von Dilettanten verstärkt. Auch der Gesangschor war durch Kräfte aus Münster, Bielefeld, Höxter und vom Seminar in Büren vermehrt, sodaß die Zahl der Mitwirkenden im Ganzen wohl 200 betrug. Der Reinertrag der Aufführung, 431 Tlr. 27 Sgr. 1 Pfg. war für das hiesige Krankenhaus bestimmt.“ (Text von Hans Peters)

Prof. Joseph Haas hat sich beim Musikverein für das Konzert am 11. 1. 1928 bedankt und eine Karte mit seinem Foto geschickt und der Widmung (in der damaligen Schriftart „Sütterlin“ geschrieben):


„Dem Paderborner Musikverein u. seinem unübertrefflichen Direktor Herrn Otto Siegl in dankbarer Erinnerung des wohlgelungenen Haaskonzertes am 11. Januar 1928 – Joseph Haas“

 


Nach dem Ausscheiden von Otto Siegl war das Jahr 1931 ein „Krisenjahr“. Der Dirigent und Pianist Heinz Eccarius erhielt zwar unter mehreren Bewerbern den Posten des Städtischen Musikdirektors in Paderborn, aber man hatte dem Verein jeglichen Zuschuss gestrichen! In der Festschrift zum 150. Jubiläum heißt es dazu: „Durch das geschickte Vorgehen der damaligen Vorsitzenden, Prof. Hatzfeld und Wilhelm Kaufmann, denen es gelang, die zufällig in Bad Oeynhausen gastierenden Dresdner Philharmoniker zu einem Konzert in Paderborn (für 600 Reichsmark!) unter Leitung von Eccarius zu bewegen, konnte der Rat der Stadt von der Notwendigkeit der Gewährung weiterer Zuschüsse überzeugt werden. Damit waren das Musikleben und der Fortbestand des Vereins sichergestellt. – Unmittelbar nach Kriegsende setzte sich Eccarius mit dem Vereinsvorstand wieder in Verbindung. Schon wurden erste Konzertpläne durchgesprochen, als Eccarius im November 1945 plötzlich einem Herzschlag erlag.


 

Im Staatsarchiv Detmold sind folgende Eintragungen hinterlegt:

1. Eintragung 17.12.1928 Musikverein Paderborn Satzung vom 12.07.1928 eingetragen
2. Eintragung 15.11.1929
3. Eintragung 08.11.1930
4. Eintragung 19.12.1931
5. Eintragung 29.12.1929
6. Eintragung 24.02.1933
7. Eintragung 26.05.1951 Städtischer Musikverein Paderborn Ab jetzt heißt der Musikverein „Städtischer Musikverein Paderborn“
8. Eintragung 10.09.1952 Der Stadtdirektor ist am 11.07.1951 aus dem Vorstand ausgeschieden.Der neue 1. Vorsitzende ist Bürgermeister
de Voys.
9. Eintragung 02.09.1953 Der Vorstand ist ausgeschieden.Neuer 1. Vorsitzender:
Studiendirektor LessmannNeuer 2. Vorsitzender:
Oberstudienrat Leppelmann
10. Eintragung 28.10.1955 Satzungsänderung
11. Eintragung 26.11.1964 Satzungsänderung

Hier enden die Eintragungen des Staatsarchivs in Detmold.

 

Aus der Nachkriegszeit haben wir einige Bilder gefunden:

Aufführung im Kolpinghaus unter Rolf Agop (Bild aus den fünfziger Jahren)

Aufführung im Kolpinghaus unter Rolf Agop (Bild aus den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts)


 

Chorprobe mit Werner Andreas Albert (sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts)

Chorprobe mit Werner Andreas Albert (sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts)

 

 

 

 

 


 

Wir sind stolz darauf, dass uns am 14. Mai 1961 vom damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke die Zelter-Plakette verliehen wurde!

Verleihungsurkunde

Verleihungsurkunde

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Sehen wir noch ein Bild vom westlichen Teil des Maspernplatzes aus den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts:

 

 

 

 

Rechts neben dem Baum, dort wo das rote Haus steht, stand später der TÜV und noch später – bis in unsere Zeit – die PaderHalle – heute einer unserer wichtigsten Aufführungsorte!